Tiangong: Expedition 1

Nur etwa sieben Stunden nach dem Start koppelte Shenzhou-12 an das Kernmodul Tianhe an. Die Ankopplung erfolgte im automatischen Modus. Allerdings musste Shenzhou-12 vor das Kernmodul Tianhe fliegen und dann eine Drehung um 180 Grad vornehmen, weil der hintere Andockknoten bereits seit 29. Mai 2021 Tianzhou-2 belegt war.

Nach dem Umstieg vom Transport-Raumschiff gehörte die Überprüfung der Ausrüstung und der Ausstattung im Modul Tianhe zu den ersten Aufgaben der Stammbesatzung. Außerdem richteten die Astronauten eine drahtlose Verbindung zur Kontrolle der Stations-Systeme ein, aktivierten die Sauerstoff-Generatoren und bauten Wassertanks ein. Daneben mussten noch die Schlafkabinen hergerichtet werden.
Ab dem zweiten Tag an Bord von Tianhe begannen die Astronauten mit der Entladung von etwa 4,8 Tonnen Versorgungsgüter aus den unbemannten Transporter Tianzhou-2. Darunter befanden sich die beiden Raumanzüge von Typ Feitijan für die vorgesehenen Außenbordaktivitäten.

Einmal in der Woche werden die Astronauten medizinisch begutachtet. Jeden Monat erfolgt eine umfangreichere medizinische Untersuchung. Dazu gehört, dass die Besatzungsmitglieder sich gegenseitig Blut abnehmen und an Bord untersuchen, einen Augentest, eine Prüfung der Knochendichte sowie eine Ultraschalluntersuchung.

Der EVA-Anzug Feitjan wird mit einem Innendruck von 40 kPa betrieben. Das hat zwar den Vorteil, dass eine Dekompression nur 30 Minuten dauert, aber jede Bewegung anstrengend ist. Nach 50 bis 60 Metern klettern entlang der Raumstation die Astronauten auf halbem Weg eine Verschnaufpause einlegen müssen.

Den ersten Außenbordeinsatz führten Liu Boming und Tang Hongbo am 04. Juli 2021 durch (6h 46m). Es war erst der zweite chinesischer Außenbordeinsatz. Die beiden Astronauten trugen verbesserte chinesische Feitjan-Raumanzüge und statteten die Raumstation mit Werkzeugen aus, die für zukünftige Aktivitäten erforderlich sind. Liu Boming, der zunächst allein arbeitete, befestigte eine Fußstütze und eine Plattform am Ende des 10 Meter langen Roboterarms der Station und montierte den Arm dann selbst. Shenzhou-12-Kommandant Nie Haisheng testete dann die Steuerung des Greifarms und bewegte Liu Boming aus dem Tianhe-Modul heraus. Tang Hongbo, der an den Handläufen entlang der Außenseite der Raumstation befestigt war, schloss sich später Liu Boming an, um eine Panoramakamera (die beim Start gefaltet war) auszufahren. Anschließend arbeiteten sie gemeinsam weiter, um mithilfe des Roboterarms weitere EVA-Geräte zu installieren.

Am 20. August 2021 führten die chinesischen Astronauten Nie Haisheng und Liu Boming den zweiten Außenbordeinsatz während der ersten Expedition zur Raumstation Tiangong durch (5h 55m). Die Astronauten verließen den drucklosen Andockknoten des Tianhe-Moduls, das als EVA-Luftschleuse genutzt wird, bis das Wentian-Labormodul, das mit einer eigenen Luftschleuse für Besatzungsmitglieder ausgestattet ist, im Frühjahr 2022 eintrifft. Wesentliche Aufgaben lagen in der weiteren Ausstattung der Raumstation. Die Ziele dieser EVA bestanden darin, eine weitere Panoramakamera (Panoramakamera D) aufzubauen und einige Pumpen an der Außenseite von Tianhe zu installieren. Es handelt sich um eine Wärmeregelpumpe als Teil des Tiangong-Kühlsystems, das nach einem ähnlichen Prinzip wie an Bord der Internationalen Raumstation funktioniert. Da das Raumfahrzeug die Wärme nicht effektiv in das Vakuum des Weltraums abgeben kann, pumpen diese Systeme Kühlflüssigkeit durch die Station. Die Pumpe dient als Ersatz für drei weitere, die sich bereits auf der Station befinden.
Schließlich beendeten Nie Haisheng und Liu Boming die Installation zusätzlicher Fußstützen an der Station sowie einer Arbeitsplattform am Roboterarm der Station.

Zur Vorbereitung für die zweite Stammbesatzung, die mit Shenzhou-13 zur Raumstation fliegen sollte, koppelte Shenzhou-12 am 16. September 2021 vom Modul Tianhe ab und näherte sich von unten dem Nadirstutzen. Das Manöver war nötig, weil vor der Ankunft von Shenzhou-13 der Frachter Tianzhou-3 an den freien Andockstutzen ankoppeln sollte und damit sowohl der vordere als auch der hintere Ankopplungsknoten belegt waren.
Nach der Landung von Shenzhou-12 wurde der Frachter Tianzhou-2 vom hinteren Ankopplungspunkt zum vorderen Knoten verlegt. Damit konnte Tianhe mit Treibstoff betankt werden.